Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) kommt – im neuen Gewand
Bereits im letzten Jahr hätte die EU-Whistleblower-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt sein sollen. Doch in der vergangenen Legislaturperiode konnte man sich nicht abschließend auf einen Entwurf einigen. Das Bundesjustizministerium hat nun einen Referentenentwurf vorgelegt, der den Stein wieder ins Rollen bringt, und somit besteht für Unternehmen konkreter Handlungsbedarf.
Wann kommt das HinSchG und was müssen Sie konkret tun?
Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) hätte es längst geben müssen. Die Umsetzung der EU-Richtlinie in deutsches Recht hätte bis Mitte Dezember 2021 erfolgen müssen; in der vergangenen Legislaturperiode konnte man sich aber nicht abschließend auf einen Entwurf einigen. Nun nimmt das Vorhaben wieder Fahrt auf: Wenn der Gesetzgebungsprozess planmäßig durchlaufen werden kann und der Bundesrat zustimmt, soll das Gesetz im Laufe dieses Jahres verkündet werden. Daraus ergibt sich für alle privaten und öffentlichen Arbeitgeber kurzfristig konkreter Handlungsbedarf: So gilt es, Hinweisgebersysteme zu etablieren bzw. zu überprüfen und gemeldeten Missständen gemäß den Gesetzesvorgaben zu begegnen. Werden die Anforderungen nicht erfüllt, drohen bei Inkrafttreten des HinSchG erhebliche Bußgelder – sowohl gegenüber natürlichen Personen als auch gegenüber Unternehmen.
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Warum müssen Hinweisgeber geschützt werden?
Regelmäßig bemerken Menschen an ihrem Arbeitsplatz Missstände wie Korruption, Umweltverstöße und dergleichen. Wer als Hinweisgeber:in (auch in Deutschland Whistleblower genannt) solche Verstöße in seinem Unternehmen oder seiner Behörde aufdeckt und offenlegt, leistet einen wichtigen Beitrag zur Ahndung dieser Missstände und soll zukünftig besser vor Repressalien, wie z.B. einer Kündigung, geschützt sein. Das ist das Ziel des überarbeiteten Entwurfs des „Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“: Der Hinweisgeberschutz soll in Deutschland in Einklang mit den europäischen Vorgaben wirksam und nachhaltig ausgebaut und verbessert werden; bislang existieren nämlich keine umfassenden gesetzlichen Regelungen für ein zulässiges „Whistleblowing“. Zudem sollen auch die von Hinweisen betroffenen Personen geschützt werden.
Was wird geregelt?
Der persönliche Anwendungsbereich soll alle Personen umfassen, die in ihrem beruflichen Umfeld (Privatwirtschaft und öffentlicher Sektor) Informationen über Verstöße erlangt haben, also wenn laufende, zukünftige oder frühere berufliche Tätigkeiten betroffen sind und sich hinweisgebende Personen im Falle einer Meldung oder Offenlegung hypothetisch Repressalien ausgesetzt sehen könnten.
Der sachliche Anwendungsbereich soll die durch das EU-Recht vorgegebenen Rechtsbereiche aufgreifen. Einbezogen werden dabei auch das deutsche Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Verstöße gegen den Umweltschutz oder die Produktsicherheit.
Um Hinweise auf Missstände besser erfassen zu können, werden im neuen Hinweisgebersystem zwei gleichwertig nebeneinanderstehende Meldekanäle geschaffen: Im Rahmen des internen Meldesystems müssen Unternehmen und öffentliche Stellen mit mehr als 50 Mitarbeitenden ab dem Inkrafttreten des HinSchG eine Meldestelle einrichten; hierzu haben Unternehmen mit maximal 249 Beschäftigten Zeit bis zum 17.12.2023, alle anderen sind dazu aufgerufen, sofort tätig zu werden. Alternativ können Unternehmen auch Dritte, wie z.B. Rechtsanwaltskanzleien, mit der Wahrnehmung der Aufgaben der „internen" Meldestelle beauftragen. Hinweise, die bei einer internen Meldestelle eingehen, werden dort auf Stichhaltigkeit geprüft, die Stelle hält Kontakt mit dem Hinweisgeber und kann eine interne Untersuchung in Gang bringen, um Hinweise zunächst konstruktiv im Unternehmen selbst zu lösen. Im Rahmen des externen Meldesystems fungieren künftig das Bundesamt für Justiz, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, das Bundeskartellamt sowie gegebenenfalls externe Meldestellen der Bundesländer als leicht zugängliche zentrale Auffangmeldestellen. Wichtig ist, dass die Meldestellen, soweit möglich, zwar die Vertraulichkeit der Identität der hinweisgebenden Person sowie der von der Meldung betroffenen und genannten Personen zu wahren haben, eine Verpflichtung der internen sowie externen Meldestellen, anonyme Meldungen zu ermöglichen, besteht durch das HinSchG jedoch nicht. Schließlich schützt das HinSchG als äußerste Möglichkeit Hinweise an die Öffentlichkeit, z.B. über soziale Medien, wenn Gefahr droht oder eine externe Meldestelle auf einen Hinweis hin keine Maßnahmen ergriffen hat.
Wer als Whistleblower nach den Regeln des HinSchG vorgeht, wird vor Kündigungen, Versetzungen, Abmahnungen, Versagung von Beförderungen oder Disziplinarmaßnahmen sowie vor geänderten Aufgabenübertragungen, Diskriminierungen oder Mobbing geschützt. Kommt der Fall vor Gericht, hilft eine im Gesetzentwurf vorgesehene Beweislastumkehr: Erleidet jemand nach einem Hinweis Repressalien, gehen die Richter:innen erst einmal davon aus, dass die Kündigung als Reaktion auf seinen Hinweis erfolgt ist. Der Entwurf enthält aber auch Regeln zugunsten von Arbeitgebern, um mit missbräuchlichen Hinweisen umzugehen, etwa Schadensersatzansprüche bei grob fahrlässigen Falschmeldungen.